Gesund & Satt

Starke Gefühle sind Emotionen, die plötzlich mein Ich beherrschen, die mich überwältigen und da sind. Wut, Zorn, Angst, Trauer, Liebe, Glück, Eifersucht, Neugier, Selbstbestimmung, Ungeduld gehören dazu.

Die meisten von uns haben in ihrer Kindheit gelernt, dass es nicht gut ist, starke Gefühle zu haben:

  • Haben wir geweint, wurden wir getröstet und mit Sätzen beruhigt: „Bis du heiratest, ist wieder gut“ oder „ein Indianer kennt keinen Schmerz“. Wir haben gelernt, den Schmerz zu unterdrücken und tapfer zu sein.
  • Haben wir uns als Kinder geärgert oder waren wütend über etwas, wurden wir ausgeschimpft und bestraft. „Geh in dein Zimmer und beruhig Dich. Wenn Du wieder normal bist, darfst kommen.“
  • Selbst wenn wir ausgelassen fröhlich waren, wurden wir ermahnt nicht so überdreht zu sein. Wie oft habe ich den Satz gehört: „Für ein Mädchen gehört es sich nicht so wild/überdreht zu sein.“
  • Wollten wir etwas wissen und haben nachgehackt, kam als Antwort: „Sei nicht so neugierig.“ „Das ist nix für kleine Kinder.“ „Wenn Du groß bist, wirst Du es verstehen.“
  • Und manchmal wurden wir bevormundet, etwas so zu machen, obwohl wir es gern anders machen würden. „Brauchst dich nicht aufregen. Solange du hier wohnst, machst du es, eine ich es will.“

 

Die Botschaft lautet jedes Mal:
Starke Gefühle sind nicht erwünscht. 

Wenn wir das unseren Kindern weitergeben, lernen auch sie, ihre Emotionen zu unterdrücken anstatt sie auszuleben.
Das Kind lernt, seine Emotionen zu unterdrücken anstatt sie auszuleben… Gefühle sind aber dazu da, gefühlt zu werden.

Fühlt einmal selbst in Euch hinein?
Was fühlt ihr?
Was fühlt ihr, wenn ihr denn Text lest?
Was fühlt ihr, wenn über Euch bestimmt wird?
Was fühlt ihr, wenn Euer Kind weint?
Was fühlt ihr, wenn Euer Kind jetzt sofort etwas will?
Was fühlt ihr, wenn Euer Kind vor Freude auf der Couch hüpft?

Gib dem Gefühl, das Du verspürst, einen Namen. Denn nur, wenn Du über Deine Gefühle im Klaren bist, kannst Du auch für Dein Kind da sein. 

 

Gefühle sind dazu da, gefühlt zu werden.

Das ist eine ganz wichtige Botschaft! Wenn Dir das bewusst ist, begegnest Du Deinem Kind auf ganz neue Weise. Es kommt auf Deine innere Haltung an. Ich lasse zu, dass mein Kind dieses Gefühl fühlen darf! Ich bin da und halte dieses Gefühl mit Dir aus - ich muss es nicht weg machen. Das Gefühl ist nicht böse. Es darf sein.

„Ich bin für Dich da mein Kind, wenn du mich brauchst. Ich bin in deiner Nähe.“

Wenn es deinem Kind gut tut, berühre es, streichel es, halte es fest. Wenn es das nicht will, bleib in seiner Nähe. Bitte geh nicht aus dem Raum oder bring Dein Kind woanders hin. Bleib bei Deinem Kind.

Gleichzeitig kümmere Dich um Dich selbst. Schau, dass Du ruhig bleibst und Dich nicht anstecken lässt. Das ist schwer - ich weiß. Dein Kind brüllt vielleicht und tobt und du stehst hilflos daneben und spürst wie du Wut in Dir hochsteigt. Sätze schwirren in Deinem Kopf herum wie „Jetzt reicht es aber wirklich!“ „Der muss immer seinen Willen haben!“ oder Dein Kind ist total traurig und frustriert, weil etwas nicht geklappt hat und am liebsten würdest du sagen: „Stell dich nicht so an, kann ja passieren.“ „Ist nicht so schlimm.“ Für Dein Kind ist es schlimm! Es möchte darum trauern.

Also kümmere Dich um Dich selbst. Lass diese Gedanken nicht zu. Atme tief durch. Bleibe ruhig. Zähle rückwärts von 20 bis 0. Sieh Dein Kind mit liebevollen Augen an.
Lass Dein Kind sein Gefühl ausleben. Es braucht seine Zeit. Das Gefühl hat nichts mit Dir zu tun.

Denke daran, Gefühle sind dazu da, um gefühlt zu werden. 

 

Wenn Du ruhig bist bzw. dich selbst beruhigt hast, beginne mit sanfter, ruhiger Stimme die Gefühle Deines Kindes beim Namen zu nennen. So lernt auch Dein Kind, welche Gefühle es gibt. „Ich sehe, Du bist gerade sehr wütend / zornig /traurig / weinerlich. Du darfst Dich ärgern. Die Wut darf sein.“ Kurze, leise, ruhige Sätze. Sie vermitteln Deinem Kind Verständnis. Kann sein, dass es für Dein Kind noch zu früh ist, und es Dich mit einem „Lass mich!“ abserviert. Gib Deinem Kind Zeit.

Sobald Dein Kind bereit ist, gib ihm Körperkontakt. Zeige ihm damit, dass Du es siehst in seiner Not, dass Du bei ihm bist. Zeige ihm Dein Verständnis. Gib ihm Worte dafür, was es fühlt, was es braucht, was es sich wünscht. Das kann so aussehen:

 „Ich sehe, dass Du wütend bist. Du willst gerne noch eine Serie anschauen, die Zeit ist aber um. Komm in meinen Arm, ich drück Dich.“

 „Ich sehe Deinen Ärger! Du möchtest noch nicht schlafen gehen. Du brauchst noch etwas Mama-Zeit?“

 „Ich sehe, dass Du traurig bist. Du bist enttäuscht, weil Du gern noch länger mit Deinem Freund spielen. Jetzt ist er abgeholt. Das tut mir leid.“ 


Erst wenn sich dein Kind wieder ganz beruhigt hat, das starke Gefühl verfangen ist, sprich mit deinem Kind über dieses Gefühl. Frag Dein Kind, wo das Gefühl wohnt, wie es aussieht, wie es sich anfühlt, welche Farbe es hat? Vielleicht möchte Dein Kind es zeichnen? Vielleicht in Form eines Fantasiewesens? 

 

Und als nächsten Schritt überlegt gemeinsam, was das Kind tun kann, wenn das Gefühl wieder kommt? 

 

„Wohin mit dem Bock, der in Deinem Bauch zwickt?“ „Wie kommt das Einhorn wieder hinaus in den Wald?“

 

„Wie kann das Wutmonster lieb beruhigt werden?“

 

„Mein Wutmonster mag gerne schwimmen - spülen wir es im Klo hinunter.“

„Ich versuche den Bock hinauszupfurzen.“ 

 

Vielleicht hilft es, wenn Du am Trampolin hüpfst? Oder vielleicht verschwindet das Einhorn, wenn Du wieherst und mit den Lippen locker schnaubst?  Oder wir machen eine Polsterschlacht? 

                             

Was kannst Du sonst noch machen?

 

Ganz viel darüber sprechen... Auf verschiedene Art und Weise:

 

  • Erzähle Deinem Kind aus Deiner Kindheit. Wie ist es Dir gegangen, was hat Dir gut getan? Erzähle ihm, wie es Dir heute geht und was Du tust, damit die Wut, Angst, Trauer,... vergeht. 

 

  • Erfinde eine Geschichte mit einem Helden/einer Heldin. Was macht das Kind in der Geschichte, um sich wieder wohlzufühlen? Baut es vielleicht eine Kuschelhöhle, wenn es traurig ist? Oder beginnt es laut zu singen, um seine Angst zu überwinden? Oder zerreißt es die Kiste mit dem Altpapier, wenn es wütend wird? Oder geht es zum Boxsack, um den Ärger loszulassen? Vielleicht bastelt es einen Traumfänger gegen schlechte Träume. 

 

  • Spielt Dein Kind gerne Playmobil oder Lego? Wie wäre es mit einem Rollenspiel, in der Ihr die gehabt Situation nachspielt und verschiedene Enden probiert? 

 

  • Wenn Dir Dein Kind von einer anderen Situation erzählt, im Kindergarten oder Schule, etwas, das es beobachtet hat, versucht Euch in das Kind hineinzufühlen. Wie ist es dem Kind dabei gegangen? Was hat das Kind gespürt? 

 

  • Erzähle Deinem Kind immer wieder, wie Du Dich fühlst. Sprecht über Gefühle und gebt den Gefühlen einen Namen. Hilf Deinem Kind, dass es die Gefühle kennt. 

 

  • Lies Deinem Kind ein Buch vor. Zb "Anna und die Wut", "Paul Wüterich", "Wenn Anna Angst hat",  "Ängstlich, wütend, fröhlich sein" (aus der Wieso? Weshalb? Warum? Reihe), "Wohin mit meiner Wut?"

Wirf Deinem Kind aber niemals vor, dass es sich so oder so verhalten hat. Versuche auch Du Dich in Dein Kind hineinzuversetzen und es zu verstehen. Du wirst sehen, mit der Zeit, lernt Dein Kind mit seinen starken Gefühlen umzugehen und wird  zu Dir sagen: „Mama ich ärger mich!“ „Papa ich bin wütend!“

 

Danke, Claudia, für diesen wichtigen Beitrag!

 

Über Claudia:

Claudia ist Mutter von fünf Kindern und hat Pädagogik studiert. Nach der Karenz ihres jüngsten Sohnes hat sie beschlossen ihrem Herzen zu folgen und sich selbstständig zu machen.

Als Mutter steht sie – trotz ihrer pädagogischen Ausbildung – immer wieder vor neuen Herausforderungen und Problemen. Es ist nicht nur eine Redewendung, dass „jedes Kind anders ist“ – es ist wirklich so! Claudia hat fünf Kinder im Alter von 17, 16, 11, 7 und 5 Jahren und jedes ist anders, hat einen anderen Charakter, andere Talente und Begabungen. Das ist das Spannende in der Begleitung von Kindern – zu beobachten, wie sie sich unterschiedlich entfalten und groß werden. Und zu erkennen, dass 0815-Rezepte bei der Erziehung der Kinder nicht funktionieren – denn jedes Kind ist eben anders und braucht etwas Anderes!

In ihren Workshops teilt Claudia ihre Erfahrungen (verknüpft mit pädagogischem Know-How) mit Dir und zeigt Dir Wege auf, wie es möglich ist, Dein Kind, die Beziehung zu Deinem Partner und Dich selbst zu stärken!

Mehr über Claudia, ihre Angebote und Workshops findest du auf ihrer Webseite familientrainerin.com

 

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