Gesund & Satt

Geschwister – sie lieben sich, sie hassen sich, sie spielen und kämpfen miteinander, sie sind Rivalen und Teamplayer, sie teilen ihre Spielsachen, ihre Jause, manche ihr Zimmer und alle uns Eltern.

Jetzt in der Coronazeit bekommt die Geschwisterbeziehung noch eine weiter Dimension. Denn Geschwister picken noch mehr zusammen als sonst. Das eigene Zimmer kann ein Rückzugsort sein, wenn es dieses aber nicht gibt, liegt es an uns Eltern den Kindern Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen: vielleicht eine Höhle unter dem Stockbett, ein Zelt im Zimmer, eine Hängesitz für Ruhezeiten oder auch das elterliche Bett als Rückzugszone zum Lesen.

Niemand muss mit seinem Geschwisterl spielen nur weil es sein Bruder, seine Schwester ist. Sie dürfen. Aber wenn die Luft draußen ist, darf auch einmal alleine gespielt werden oder Mama/Papa gekuschelt werden. Und nach einer kurzen Auszeit freuen sie sich wieder auf ein gemeinsames Spiel. Und natürlich kommt es dann auch immer wieder zu Auseinandersetzungen und zu Streitereien.

„Müsst ihr denn immer streiten? Könnt ihr nicht einmal in Ruhe spielen?“ Kommt Euch der Satz bekannt vor? Mir schon! Doch ich muss mir immer wieder bewusst machen: Kinder streiten nicht, um mich zu ärgern! Sie tun es, weil ihr Gehirn noch nicht fertig ist und noch wachsen, reifen und trainieren muss.

Letztens gab es bei uns bereits in der Früh einen Streit zwischen meinen Burschen. „Mama! Der hat das und das gesagt und mich ausgelacht. Das mach ich jetzt auch!“ Ein Streit noch vor dem ersten Kaffee, na bravo. Wie reagiere ich in einem solchen Fall am besten? Zuerst einmal: DURCHATMEN. In meinen Workshops erzähle ich immer wieder, wir Eltern sind nicht Richter – wir sind Klärungshelfer. Also wende ich mich meinem Kind zu, das mich gerufen hat: „Hast du mich gerufen, um weiter vor mir zu streiten oder damit ich dir helfe, den Streit zu klären?“ Kind überlegt: „Helfen!“ „Gut, dann erzähle doch einmal, warum du dich ärgerst.“ „Ich ärger mich, weil mein Bruder beim Spielen …“ Der beschuldigte Bruder schaut groß. Darauf ich: „Ich glaub, dein Bruder weiß gar nicht, dass dich das ärgert. Gut, dass du ihm das sagst.“ Der beschuldigte Bruder setzt an, um sich zu verteidigen: „Ich mach das doch gar nicht.“ Ich zu ihm: „Du kannst jetzt sagen: O, das wusste ich gar nicht, dass dich das stört. Oder: Echt? Das mach ich? Ist mir gar nicht aufgefallen. Oder: Gut, ich pass auf, dass ich das nicht mehr mach.“ Beide Burschen grinsen.

Jetzt darf noch der Beschuldigte sagen, was ihn stört: „mich stört es, dass ich immer mit dir spielen muss, auch wenn ich nicht mag.“ OK. Wir klären, was es für Möglichkeiten für den Bruder gibt, wenn der eine grad nicht spielen mag. Beide sind zufrieden. Beide fühlen sich ernstgenommen und verstanden. Keiner ist schuld. Keiner ist böse. Beide sind Gewinner. Und ich trinke endlich meinen Kaffee. Bis zum nächsten Streit. Und dann bin ich wieder Klärungshelfer.

Übrigens, Forscher haben einmal Kleinkinder beim Spielen beobachtet und mitgezählt, wie oft sie in der Stunde streiten. Sie sind auf sechs Auseinandersetzungen pro Stunde gekommen – also alle 10 Minuten. Für alle, die glauben, ihre Kinder streiten viel – es ist also ganz normal. Streiten ist ein echtes Training fürs Leben: Kinder lernen, wie man gemeinsam spielt, sich die Güter teilt. Im Geschwisterstreit spüren die Kinder ihre Grenzen, sie lernen sich bei Gleichaltrigen zu behaupten und fühlen, wie weh Verletzungen tun können. Idealerweise erfahren sie, dass es angenehmer ist Kompromisse zu schließen, gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden und dass jeder wertvoll und besonders ist.

Mir persönlich ist es wichtig, dass Kinder lernen, wie sie in einem Streitfall umgehen sollen, dass sie gemeinsam Lösungen finden … und dazu braucht es solange die Kinder klein sind, einen Erwachsenen, der gemeinsam mit den Kindern Lösungen erarbeitet und überlegt, wie ein Streit so gelöst werden kann, dass beide Kinder mit dem Ausgang zufrieden sind und sich geeinigt haben. Dabei geht es nicht um Schuld und Sühne oder wer angefangen hat. Als Erwachsener höre ich mir beide Seiten an, gebe jedem Kind meine Stimme und frage, welche Lösungen für die Kinder möglich wären? Und dann einigen wir uns auf eine Lösung und setzen diese um.

Wie geht’s konkret?

Du hörst also, dass Deine Kinder streiten und es ganz laut im Kinderzimmer wird. Vielleicht weint sogar schon jemand.

  1. Atme durch und betritt das Zimmer mit den Worten: „Ich höre Schreien und Weinen, klingt so, als ob ihr Hilfe gebrauchen könntet.“
  2. Wahrscheinlich reden die Kinder dann auf Dich ein … also hör einmal zu. Lass beide Kinder aussprechen.
  3. Fasse dann zusammen: „ Ihr spielt beide Playmobil und zuerst hat Felix den Ritter gehabt und jetzt magst du den Ritter haben Max. Und weil Felix ihn dir nicht gibt und ihn festhält, und ihr euch gerangelt habt, ist jetzt die Burg kaputt gegangen und ihr seid beide sauer. Stimmt das?“ Versuche ganz neutral zu beschreiben, was passiert ist. Du bist nicht vor Gericht, also suche keinen Schuldigen. In der Familie geht es darum, wie sich alle besser fühlen können. Unsere Aufgabe als Erwachsener ist es BEIDEN Kindern eine Stimme zu geben!
  4. Wenn sich die Kinder ausgeschimpft haben und ruhiger sind, wiederhole die Regeln der Familie: Kaputtmachen und Wegnehmen führen zu Streit. Wir wollen lieber schauen, was jeder braucht.
  5. Die Suche nach Lösungen:
    „Bauen wir die Burg wieder zusammen und überlegen, was wir mit dem Ritter machen möchten. Habt ihr vielleicht eine Lösung?“
    „Wir könnten die Uhr einstellen und jeder spielt 10 Minuten mit dem Ritter.“
    „Max kann den Ritter haben, ich nehme mir einen anderen.“
    „Wir stellen den Ritter vor die Burg – er bewacht sie jetzt – und wir beide spielen mit den anderen Rittern.“
    „Eigentlich mag ich gar nicht mehr spielen, räumen wir auf?“
  6. Haben sich die Kinder geeinigt, setze die Lösung um: bei kleinen Kindern müssen wir helfen, die Lösung umzusetzen – und nicht selten sind wir ein Teil davon: Wir bringen ein Kind weg, wir holen ein anderes Spielzeug, wir bieten uns selbst als Spielpartner an. In der Regel spielen die Kinder nach kurzer Zeit wieder ohne uns weiter. Mit einem kompletten Rückzug handeln wir uns manchmal gleich wieder einen Streit ein. Also besser noch kurz bei den Kindern bleiben und ihnen beim Spielen zuschauen.

 

Der Sinn dieses Ansatzes ist es, dass unsere Kinder mit der Zeit lernen, ihre Konflikte selbst zu lösen. Kinder sollen lernen, Konflikte aus eigener Kraft zu bewältigen. Wir Eltern rüsten sie dazu aus. Manchmal hilft es bei einem Streit noch kurz zu zuwarten und zu schauen, wie sich der Konflikt entwickelt. Schaffen es meine Kinder vielleicht doch von selbst? Wie oft bin ich schon vor der Tür des Kinderzimmers einsatzbereit gestanden und plötzlich hat dann ein Kind eingeleitet und selbst eine Lösung herbeigeholt. Dann bin ich wieder leise abmarschiert. Und war voller Freude, dass sie wieder etwas selbst geschafft haben. Denn auch Streiten will gelernt sein.

 

Danke, Claudia, für diesen Beitrag!

 

Über Claudia:

Claudia ist Mutter von fünf Kindern und hat Pädagogik studiert. Nach der Karenz ihres jüngsten Sohnes hat sie beschlossen ihrem Herzen zu folgen und sich selbstständig zu machen.

Als Mutter steht sie – trotz ihrer pädagogischen Ausbildung – immer wieder vor neuen Herausforderungen und Problemen. Es ist nicht nur eine Redewendung, dass „jedes Kind anders ist“ – es ist wirklich so! Claudia hat fünf Kinder im Alter von 17, 16, 11, 7 und 5 Jahren und jedes ist anders, hat einen anderen Charakter, andere Talente und Begabungen. Das ist das Spannende in der Begleitung von Kindern – zu beobachten, wie sie sich unterschiedlich entfalten und groß werden. Und zu erkennen, dass 0815-Rezepte bei der Erziehung der Kinder nicht funktionieren – denn jedes Kind ist eben anders und braucht etwas Anderes!

In ihren Workshops teilt Claudia ihre Erfahrungen (verknüpft mit pädagogischem Know-How) mit Dir und zeigt Dir Wege auf, wie es möglich ist, Dein Kind, die Beziehung zu Deinem Partner und Dich selbst zu stärken!

Mehr über Claudia, ihre Angebote und Workshops findest du auf ihrer Webseite familientrainerin.com

 

 

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