Gesund & Satt

Die Bewegungsentwicklung eines Kindes läuft nach einem im Gehirn festgeschriebenen Programm. Die ist bei jedem gleich – das Tempo kann aber sehr unterschiedlich sein. Doch jedes gesunde Kind durchläuft die Meilensteine ganz von selbst, sofern es nicht dabei gestört wird. Hilfe ist daher unnötig und oft sogar hinderlich!

Welche Entwicklungen das Kind im zweiten Jahr durchmacht und wie man es dabei als Eltern unterstützen kann, bzw. was Eltern besser nicht machen sollten hat uns Kinderphysiotherapeutin Kathrin Mattes verraten.

 

Die ersten eigenen Schritte …

Besonders im ersten Lebensjahr lernen Babys motorisch viel dazu. Danach verläuft die Entwicklung nicht mehr ganz so rasant, aber trotzdem gibt es noch einiges zu meistern. Das freie Gehen wird durchschnittlich mit 13 Monaten erreicht. Damit sind nicht die ersten wackeligen Schritte gemeint, sondern das sichere Gehen größerer Strecken. Während es manche besonders eilig haben und schon mit 9 Monaten soweit sind, dauert es bei anderen länger - bis zu 18 Monate gelten als normal.

Es gibt also keinen Grund für Sorgenfalten, wenn das Kind rund um den ersten Geburtstag noch nicht läuft, und man sollte NICHT versuchen, den Prozess zu beschleunigen. Das Krabbeln ist ein komplexer Bewegungsablauf und sehr wertvoll für die weitere Entwicklung. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei – gehend wird sich ein Mensch dagegen noch sein ganzes Leben lang fortbewegen. Daher lieber die Zeit am Boden gemeinsam spielerisch nutzen und interessant machen! Am besten geht das übrigens barfuß, was sogar nachweislich positive Auswirkungen auf die Gesamtkörperkoordination hat.

… am besten alleine!


Lauflernhilfen sind unnötig und teils sogar schädlich, zudem ist nachgewiesen, dass sie das Gehen lernen nicht beschleunigen, sondern verzögern. Der Bewegungsablauf und die Muskelaktivitäten sind nämlich völlig andere als beim freien Gehen. Dasselbe gilt für das Gehen an den Händen Erwachsener. Auch das sollte man sich lieber verkneifen, denn viele Kinder werden regelrecht süchtig danach und fordern es ständig ein, statt sich mit Aktivitäten zu beschäftigen, die ihrem Entwicklungsstand entsprechen, wie z.B. Bewegungsübergänge: Von der Bauchlage in den Vierfüßler, ins Krabbeln, in den Sitz, ins Knien, ins Stehen, Seitwärtsgehen an Möbeln, hinunter in die Hocke und so weiter. Diese Bewegungsvielfalt ist ein wichtiges Merkmal gesunder Entwicklung. Kinder, bei denen eingegriffen wurde (die z.B. vorzeitig hingesetzt, hingestellt und/oder an den Händen geführt wurden), zeigen sie oftmals nicht. Manchmal verlernen sie sogar bereits gemeisterte Meilensteine wie z.B. das Umdrehen.

 

Experimentieren lassen – das beste Training

Am besten lassen Eltern ihre Kinder daher selbst experimentieren, ohne helfend eingreifen zu wollen. Das gilt auch für erste Klettererfahrungen auf Stufen, Leitern oder Klettergerüsten. Darf das Kind alleine klettern, lernt es über Versuch und Irrtum und übt seine Selbsteinschätzung. Wird es gehalten, kann es nicht spüren, was es schon selbst kann und was seine Eltern übernehmen. Ideal ist daher, die Hände anfangs nahe beim Kind zu haben, ohne es zu berühren. Es sollte auch die Erfahrung machen dürfen, hinzufallen. Als Elternteil minimiert man natürlich das Verletzungsrisiko, indem man z.B. den Aufprall des Kopfes verhindert, aber nicht den Sturz als Ganzes. Nur so kann das Kind lernen, ihn zu vermeiden. Studien zeigen, dass sich Kinder, die sich ohne gut gemeinte Hilfe entwickeln dürfen, deutlich seltener ernsthaft verletzen als Kinder, denen geholfen wird. Letzteren fehlt nämlich die korrekte Einschätzung der eigenen Fähigkeiten.

Gelingt das freie Gehen, wird es im Laufe des zweiten Lebensjahres weiter perfektioniert. Stürze werden seltener, Richtungs- und Tempowechsel funktionieren, auch das Rennen und Hüpfen beginnt. Viele Kinder beginnen mit 1,5 bis 2 Jahren, das Laufrad als Fortbewegungsmittel zu nutzen (Helm nicht vergessen!).

 

Was tun bei Auffälligkeiten?

Entwicklung ist kein Wettbewerb, daher hat das typische „Höher, schneller, weiter“ unserer Gesellschaft hier keinen Platz. Eltern dürfen ihren Kindern deshalb ruhig entspannt Zeit geben, sich ungestört zu entwickeln. Ebenso wichtig ist aber, bei tatsächlichen Auffälligkeiten frühzeitig Physiotherapie in Anspruch zu nehmen, denn dann ist dem Kind mit Abwarten nicht geholfen. Diese Gratwanderung gelingt leider oft nicht, sodass viele behandlungsbedürftige Kinder sehr spät oder nie Therapie erhalten, während gleichzeitig unnötige Eingriffe in die Entwicklung, wie das Hinsetzen oder Gehen an der Hand, gang und gäbe sind.

Wenn Kinder im zweiten Lebensjahr in meine Praxis kommen, sind die Gründe z.B. Sitzrutschen, fehlendes Krabbeln, Fußfehlstellungen, Zehenspitzengang, Haltungsasymmetrien, eingeschränkte Hüftbeweglichkeit (keine Hocke, kein Fuß-Mund-Kontakt möglich) oder kein freies Gehen mit 18 Monaten.

Damit Eltern besser über positive und negative Einflüsse auf die Entwicklung informiert sind und leichter einschätzen können, ob sich ihr Kind normal entwickelt, gebe ich mein Wissen über die sozialen Medien weiter und halte Onlinekurse für Eltern. Denn Prävention ist die halbe Miete!

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Kathrin Mattes ist Physiotherapeutin, Kursleiterin, Vortragende und Autorin.

Babys und Kinder sind ihr Fachgebiet und sie blickt auf ein Jahrzehnt physiotherapeutische Berufserfahrung und umfangreiche Weiterbildung zurück.
Ihr Ziel ist es, interessierten Eltern und Berufsgruppen, die mit Babys oder Kindern arbeiten, Fachwissen über nützliche und schädliche Einflussfaktoren auf die motorische Entwicklung näherzubringen. Zudem möchte sie vermitteln, wie man den kindlichen Bewegungsapparat gesund erhält.

Sehr empfehlenswert sind ihre Online-Kurse über die kindliche Entwicklung. 


http://www.kathrinmattes.com
http://www.facebook.com/physiomattes
http://www.instagram.com/kathrinmattes

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