Gesund & Satt

Wer kennt es nicht? Das Kind will morgens nicht aufstehen und trödelt ohne Ende, bevor es endlich los geht. Oder es ist fröhlich, bis zum Eingang des Kindergartens und bricht dann in Tränen aus - der Kindergartenstreik. 

Welche Gründe kann das haben UND - welche Tipps gibt es, um die Situation wieder zu entspannen?

Elementarpädagogin, dipl. Familienbegleiterin und 3-fach Mama Denise von Die Winklerei bringt die Hintergründe zum Streik - und wie er wieder beigelegt werden kann. 

 Nein, in den Kindergarten geh ich nicht!

Wenn dein Kind plötzlich die außerfamiliäre Kinderbetreuung verweigert…

Gerade noch war es das glücklichste Kind im Kindergarten- von einem auf den anderen Tag möchte es aber plötzlich nicht mehr hingehen. Es trödelt noch mal mehr am Morgen, weint bereits beim Anziehen oder kommuniziert ganz lautstark

„Ich will da nicht hin!“.

Ein Phänomen, das wir zwar häufig beobachten, welches Eltern aber verständlicher Weise ziemlich überrumpelt. Die Sorge um das Wohlergehen des eigenen Kindes beschäftigt sehr und der zusätzliche Zeitdruck und emotionale Stress, den solche „Streiks“ mit sich bringen, lassen sich schwer in den übervollen Familienalltag integrieren.

Aber woher kommt es, dass ein Kind, das sich bisher so wohl gefühlt hat, plötzlich nicht mehr in die außerfamiliäre Betreuung gehen möchte? Und wie kann ich damit umgehen, wenn mein Kind plötzlich „streikt“?

Nun, die Gründe für einen „Kindergartenstreik“ (der sich übrigens genauso in der Kindergruppe oder bei Tageseltern und sowohl bei sehr jungen, als auch älteren Kindern zeigen kann) sind vielfältig und unmöglich zu verallgemeinern.

Aber es gibt mögliche Ursachen, die besonders häufig auftreten:

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1, „Verschleppte“ Eingewöhnung:

Die Eingewöhnung verlief (vermeintlich) super schnell und easy, dein Kind hatte zu Beginn überhaupt keine Probleme, sich in die neue Situation einzugliedern. Alle dachten schon, das Kind sei eingewöhnt und dann nach Wochen oder sogar Monaten kommt plötzlich ein großer Widerwillen auf.
Diese Kinder waren häufig am Anfang so vollgefüllt mit und begeistert von dem Neuem, was eine Kinderbetreuung mit sich bringt, dass es ihnen gar nicht richtig bewusst war: „Ah, da bin ich jetzt also täglich, während meine Hauptbezugsperson nicht da ist.“ Und dann kommt plötzlich die Einsicht.
Vielleicht haben sie auch noch nicht diese intensive Beziehung zu ihrer Betreuungsperson aufgebaut, die gebraucht wird, um sich auch in Abwesenheit der Eltern sicher und wohl zu fühlen.
Oder es ging ihnen eigentlich die ganze Zeit schon nicht so toll- aufgrund ihrer Introvertiertheit und/oder Angepasstheit ist ihr innerlicher Stresspegel aber von Eltern und Betreuungspersonen nicht wahrgenommen worden.
Wir erleben bei solchen Kindern häufig eine „verschleppte“ Eingewöhnung, also dass nun Verhaltensweisen auftreten, die Kinder sonst eher beim Start in die Kinderbetreuung zeigen wie erhöhte Vorsicht und Unsicherheit, häufiges Nähe-suchen und Ankern-wollen bei der Hauptbezugsperson, bis hin zu großen Trennungsschwierigkeiten.

Was kann helfen? 

In diesem Fall braucht es meist einen Schritt zurück. Dein Kind braucht die Möglichkeit und die Zeit, Vertrauen zu fassen, Beziehung zu den Betreuungspersonen aufzubauen, und die Gewissheit zu erlangen, dass es auch in der außerfamiliären Betreuung einen sicheren Hafen hat, beschützt ist und sich wohlfühlen kann.

2, „Kindergartenmüdigkeit“:

Wir Erwachsene kennen das doch auch, oder? Selbst, wenn wir unsere Arbeit wirklich lieben, gibt es Tage, da sind wir einfach müde und haben so gar keinen Bock darauf, jetzt arbeiten zu gehen. Und ja, so cool und bunt es in der Kinderbetreuung auch ist, so bedeutet es trotzdem ganz, ganz viel Kooperieren und Anspruch für unsere Jüngsten. Auch sie starten nicht jeden Tag mit dem gleichen Elan.

Denise' Tipp dazu:

Ein Verständnis für die Unlust hilft hier meist schon ganz gut wie zB.: „Hach, ich kenn das, ich mag manchmal auch nicht in die Arbeit gehen! Es darf uns alle manchmal weniger freuen! Weißt du, was mir an solchen Tagen hilft? Ich versuche an die Dinge zu denken, auf die ich mich besonders freue.“ „Gibt es etwas, auf das du dich besonders freust im Kindergarten?“
Sollte sich das Kind damit schwertun, dann kannst du selbst das Augenmerk auf die für dein Kind besonders feinen Dinge im oder nach dem Kindergarten legen. Das kann zB, sein: „Auf welches Spielzeug/auf welches Kind freust du dich denn schon besonders?“, „Oh, ich hab gesehen, heute gibt es Palatschinken im Kindergarten! Mmmh, die isst du doch so gerne, oder!? Da bin ich schon gespannt, welche Füllung die haben werden!“. „Heute darfst du entscheiden ob wir nach dem Kindergarten auf Spielplatz A oder B gehen. Da lass ich mich überraschen! Möchtest du´s mir dann, wenn ich dich abhole, verraten, für welchen du dich entschieden hast?“ uvm…
Auch ein Übergangsobjekt/Symbol von zuhause wie zB. ein Kuscheltier, oder auch ein aufgemaltes Herz können helfen: „Wenn du an mich denkst, dann kannst du das Herz ganz fest drücken und auch ich denke an dich und stelle mir vor, wie ich dich gaaaanz fest kuschle, bis wir einander wiedersehen.“

Bedenke bitte außerdem:

Auch Kinder brauchen Urlaub! Und manchmal braucht es auch weniger Programm/mehr Erholungszeiten im Familienalltag für mehr Energie im Kinderbetreuungsalltag.

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3, Stresssituation am Morgen:

Manchmal geht es den Kindern gar nicht darum, dass sie nicht in den Kindergarten gehen wollen, sondern dass die Zeit BIS sie im Kindergarten sind, für sie sehr herausfordernd ist und sie diese eigentlich meiden wollen.
Wer kennts nicht…. Stress in der Früh. Genervte Worte und Blicke, weil wir es schon so eilig haben. Erste Konfliktsituationen, weil die Lieblingshose in der Wäsche ist oder der Apfel falsch aufgeschnitten wurde. Hetzerei zur Tagesbetreuung, … 

Was helfen kann:

Dabei brauchen viele Kinder (und gar nicht so wenige Erwachsene ebenso) gerade in den frühen Morgenstunden eigentlich Verbindung, Entschleunigung und Beziehung, um gut in den Tag starten zu können.

Ich weiß, gerade im stressigen Familienalltag etwas zu ändern ist ziemlich tricky, aber: Wo immer es geht, hier in der Morgenroutine Druck raus zu nehmen, Dinge zu streichen, die nicht wirklich dringend notwendig sind, zugunsten von dem, was gebraucht wird, kann manchmal wahre Wunder bewirken. Das kann bewusstes Kuscheln sein, mehr Zeit zum Anziehen und Frühstücken, das Anbieten von Zeitgebern wie Sanduhren und vor allem die rechtzeitige Ankündigung des nächsten Schrittes: zB: „eine Sanduhr lang kannst du noch spielen, dann gehen wir uns anziehen...“

4, Veränderungen daheim:

Ist eine Veränderung im gewohnten Umfeld deines Kindes im Anmarsch, kann auch das dazu führen, dass es plötzlich nicht mehr in den Kindergarten gehen möchte.
Das mag ein kleines Geschwisterchen sein, das sich entweder ankündigt, oder vielleicht schon geboren ist und daheimbleiben „darf“, während das ältere Kind weggehen „muss“. Auch ein Umzug, eine Trennung der Eltern, eine Krankheit oder der Verlust eines nahestehenden Menschen (oder auch Haustiers) können Ursachen sein.

Die Sorge, etwas zu verpassen/zu verlieren und gleichzeitig das große Bedürfnis, gerade bei verunsichernden Veränderungen ganz nahe bei der Hauptbezugsperson zu sein, können dazu führen, dass das Kind auf keinen Fall weg von zuhause/seiner Hauptbezugsperson sein möchte.

Was für das Kind dann wichtig ist: 
Hier braucht es viel Verständnis und Gespräche mit deinem Kind. Zum Beispiel darüber, was es sich vorstellt, was es „verpassen“ könnte und was tatsächlich in der Zeit passiert, während es nicht da ist (nämlich meist echt fades Zeug).

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5, Veränderungen in der Kinderbetreuung:

Auch ein plötzlicher Wegfall der heißgeliebten Betreuungsperson, oder das Abgehen von liebgewonnenen Kindern der Gruppe kann dazu führen, dass dein Kind nun nicht mehr gerne in die Betreuung gehen möchte. Immer wieder beobachten wir das zB. bei „Herbstkindern“ (Kinder, die im Herbst Geburtstag haben), deren beste Freunde weitergehen in die Schule, während sie selbst noch ein Jahr im Kindergarten bleiben.

Das braucht dein Kind:
Dein Kind braucht in diesem Fall neben Verständnis vor allem auch Geduld und Zeit, damit es sich in der neuen Situation zurechtfinden kann und die vermittelte Zuversicht, dass auch andere Menschen Freunde oder sicherer Hafen werden können.

6, Unangenehmes Erlebnis in der Kinderbetreuung:

Natürlich kann auch etwas Unangenehmes in der Betreuung vorgefallen sein, weshalb dein Kind eine Abneigung gegen die Kinderbetreuung entwickelt. Das kann ein anderes Kind oder ein Erwachsener sein, das/der die Grenzen des Kindes überschreitet, oder auch dass Bedürfnisse nicht gesehen oder nicht angemessen erfüllt werden.

Das solltest du tun:

Besteht der Verdacht auf eine dieser Situationen braucht es dringend ein Gespräch mit dem Betreuungsteam und- sofern dein Kind sich bereits sprachlich ausdrücken kann- natürlich auch ein einfühlsames Gespräch mit dem Kind, um den Ursachen auf den Grund gehen zu können.

Zusammenfassend lässt sich sagen: 

Wir sehen also, mögliche Ursachen für einen Kindergartenstreik sind vielfältig.
Ein Reflektieren des eigenen Familienalltags ist hierbei genauso wichtig, wie ein Gespräch mit dem Betreuungsteam: Beobachtet das Team auch eine Veränderung? Wie geht es meinem Kind, nachdem ich gegangen bin? Lässt es sich trösten? Kann es sich frei bewegen oder steht es apathisch herum? Holt es sich Hilfe, wenn es ihm nicht gut geht, oder wenn es etwas nicht schafft? Kann es auch fröhlich und ausgelassen sein? Gibt es Situationen/Kinder bei denen es dem Kind nicht gut geht? ...

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Leider servieren uns unsere Kinder die Ursache für den Kindergartenstreik nicht immer am Silbertablett. Manchmal braucht es echt viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Detektivarbeit, was denn da eigentlich gerade im Kind steckt und den Unmut hervorruft.
Aber gemeinsam als Team mit den Betreuungspersonen und mit ausreichend Zeit lässt sich selbst bei den kniffligen Fällen irgendwann eine Ursache und daraufhin eine Lösung finden, damit der Besuch in Kindergarten, Kindergruppe oder bei Tageseltern zu dem wird, was es eigentlich sein soll: ein sicherer Hafen und ein bereicherndes Abenteuer voller Funkelmomente.

 Über Denise

Denise ist Gründerin von Die Winklerei-Die Familienwerkstatt.

Als 3 fach Mama, Elementarpädagogin, Biologin und dipl. Familienbegleiterin berät und begleitet sie Familien nicht nur mit ihrem Fachwissen rund um Familie, Tragen, Entwicklung, Eingewöhnung, Papakurse, Geschwisterkurse.... puh und vieles mehr, sondern sie ist auch Fachreferentin bei Jobs mit Herz für werdende päddagogische Fachkräfte.

Näheres über Denise und ihre Angebote findest du hier. 

 

Denise winklerei 

 

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